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„Friedhofskirche Zum Heiligen Karl Borromäus“
am Wiener Zentralfriedhof

von

Max Hegele

Konzipiert 1899,
erbaut 1908-1911

Geschichte
1874: Aufgrund Geldmangels in der Stadtkassa wird der Zentralfriedhof
nur provisorisch eröffnet.
1899: wird der „Wettbewerb zur Fertigstellung des Zentralfriedhofes“
ausgeschrieben. Vorsitzender der Jury ist Otto Wagner. Der
27-jährige Max Hegele geht als Gewinner des Wettbewerbs hervor.
1902: Max Hegele erbaut das Eingangstor 2 anschließend die
Aufbahrungshalle I und die Aufbahrungshalle II.
1904 –
1907:
Otto Wagner baut die Kirche Am Steinhof.
1908: Max Hegele beginnt mit dem Bau der Friedhofskirche.
1911: Eröffnung der Friedhofskirche
Nach dem Vorbild Kaisers Franz Josefs, der zu seinem
50. Kaiserjubiläum die „Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumskirche“ am
Mexikoplatz erbaute, hat die Stadt Wien nach dem Tod des
Bürgermeisters Dr. Karl Lueger die Friedhofskirche Zum Heiligen Karl
Borromäus als „Dr.–Karl- Lueger-Gedächtniskirche“ benannt. Doch
für die Wiener war diese moderne Kirche „gewöhnungsbedürftig“.
1914: Ausbruch des I. Weltkrieges.
1919: Die Sozialdemokraten gewinnen die Kommunalwahlen in Wien.
Die Friedhofskirche wird als Denkmal für den Parteifeind Lueger
betrachtet. In Österreich. kommt es zu Bürgerkriegszuständen.
1939: Ausbruch des II. Weltkrieges.
1945: Zu Ende des II. Weltkrieges brennt die Außenkuppel der Kirche ab.
1952: Errichtung der Kuppel und die Inbetriebnahme der Friedhofskirche.
Doch das eindringende Regen- und Schneewasser unter die Fundamente
löst Bodensetzungen aus und die Vorder- und Rücktürme beginnen sich
vom Kirchenbau zu lösen. Die Kirche droht baufällig zu werden.
1988: Bürgermeister Dr. Helmut Zilk bezeichnet Alt-Bürgermeister Lueger den
„Lehrer von Adolf Hitler“. Aufgrund unzähliger Briefe aus dem In- und
Ausland an den Bürgermeister wird im Rathaus die Rettung der
Friedhofskirche beschlossen.
1995 –
2000:
Durch die Initiative von Stadtrat Johann Hatzl wird die Friedhofskirche
umfassend renoviert, saniert und restauriert.
Die Friedhofskirche wird ab jetzt, auch wie Lueger es wünschte, wieder
„Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus“ genannt.
2011: Feier des 100. Jubiläums der Friedhofskirche.

Literatur
1907:
4.Jänner
"ZEITSCHRIFT des österreichischen INGENIEUR- UND ARCHITEKTEN-
VEREINS" -veröffentlicht den Vortrag von Max Hegele, den er am 6.März
1906 in der Versammlung für ARCHITEKTUR und HOCHBAU gehalten hat.
Darin berichtet Hegele rein sachlich und bautechnisch über die Ausgestaltung
des Wiener Zentralfriedhofes, ohne auf die künstlerischen und theologischen
Aspekte der Begräbniskirche einzugehen.
1911: Die Deutsche Tages-Zeitung schreibt über des Fenster unter der Orgelempore:
"Das trübe, geheimnisvolle Licht, das durch die Kirchenscheiben bricht,
ist zu einem breiten, seligen Himmelslicht geworden, gesteigert durch die
Leuchtkraft des Glases, will es alle gl&auuml;nzenden und königlichen
Stimmungen des Glaubens betonen."
1911: Ferdinand Fellner v. Feldegg kommentierte Hegeles Werdegang lapidar mit
folgenden Worten: "Wieder ein Talent also, das, in seinen Anfängen vom
Fieber der Moderne erfasst, sich aus eigener Kraft zur Gesundung
durchgerungen hat." (Feldegg, 1911)
1912: "DAS NEUE WIEN" - Josef Gürtler
..."es ist eine streng moderne, auf klassischer Grundlage aufgebaute
monumentale Kirche... die mit einer mächtigen Kuppel gekrönte Kirche
ist von ruhiger, massiger, nachhaltiger Wirkung."
1933: "HEILIGES WIEN" - Alfred Missong
"Seiner Stilistik und Ornamentik nach gehört das Gotteshaus (ebenso wie die
Steinhofkirche im XIII. Bezirk) der Epoche moderner Wiener Kunst-
schöpfungen an... zu der alle bedeutenden zeitgenössischen Künstler ihre
Beiträge geliefert haben."
1954: "DEHIO-HANDBUCH" - Wien
"Bedeutender Zentralbau im Jugendstil, verwandt der Steinhof-Kirche
Otto Wagners"
1963: "WIEN WIE ES WAR" - Groner
Die Luegerkirche "Der Otto Wagner-Kirche Am Steinhof verwandt, stellt sie
einen bedeutenden Zentralbau im Jugendstil dar."
1974: "Das große Groner Wien Lexikon" - Herausgeber Felix Czeike
"Die Luegerkirche „Der Otto Wagner-Kirche Am Steinhof verwandt, stellt sie
einen bedeutenden Zentralbau im Jugendstil dar."
1983: "ZENTRALFRIEDHOF“ - Hans Havelka
"Das Gotteshaus ist eines der bedeutendsten Bauwerke des Jugendstils
in Wien."
1989: Karl Wagner- Diplomarbeit: "DIE DR. KARL LUEGER-
GEDÄCHTNISKIRCHE am Wiener Zentralfriedhof UND IHRE
THEOLOGISCHEN AUSSAGEN"
1990: "ÖSTERREICHISCHE ARCHITEKTUR" - Friedrich Achleitner
Es "handelt sich bei der Kirche am Zentralfriedhof von Max Hegele
um die "Verwertung von Jugendstildekor eines diffusen Historismus“
und um sichtbaren Bezug auf die Steinhof Kirche... indem Hegele die
Wagnerschen Erfindungen, wie etwa die transformierte Doppelturmlösung
am Steinhof rückverwandelte und als Versatzstücke in das monumentalis-
tische System integrierte."
2003: "Schöner Schein und Experiment" - Inge Scheidl
hat bei ihrer Buchpräsentation, bei der auch Prof. Friedrich
Achleitner anwesend war hingewiesen "dass Max Hegele von der Kirche
Am Steinhof nicht beeinflusst werden konnte, da der Wettbewerb zur Fertig-
stellung des Zentralfriedhofes bereits im Jahr 1899 stattgefunden hat
und Otto Wagner erst im Jahr 1902 seine Kirche vorgestellt hat.
Aber: "Max Hegele ist es nicht gelungen, jene vorgegebenen Kriterien
überzeugend einzubringen, die die Kirche speziell für Begräbnis-
zeremonien ausgezeichnet hätten.
Zugleich dürfte die Frage der modernen Zweckmäßigkeit für ihn
offensichtlich auch kaum relevant bzw. erwähnenswert gewesen sein."
2007: "WIEN LEXIKON" - Georg Hamann
erwähnt die Kirche nur mit einem einzigen Satz:
"Zur gleichen Zeit wurde auch die monumentale Karl-Lueger-
Gedächtniskirche (gebaut), in der Bürgermeister Lueger 1910
bestattet wurde."
2008: "GESAMTKUNSTWERK LUEGERKIRCHE - Friedhofskirche zum heiligen
Karl Borromäus am Wiener Zentralfriedhof" - Karl Wagner
"In der Kunstgeschichte weltweit gibt es kein vergleichbares Gesamtkunstwerk
zum Thema Tod und Leben, Zeit und Ewigkeit. Die zahlreichen spezifischen
Details machen diese Kirche zu einer unverkennbaren, von Grund auf
durchdachten Friedhofskirche."
2010: Neuauflage "ÖSTERREICHISCHE ARCHITEKTUR" – Friedrich Achleitner
wiederholt ohne Textkorrekturen:
Es "handelt sich bei der Kirche am Zentralfriedhof von Max Hegele um
die "Verwertung von Jugendstildekor eines diffusen Historismus" und
um sichtbaren Bezug auf die Steinhof Kirche... indem Hegele die
Wagnerschen Erfindungen, wie etwa die transformierte Doppelturmlösung
am Steinhof rückverwandelte und als Versatzstücke in das monumen-
talistische System integrierte."

Kurzbeschreibung der „Luegerkirche":

Dieses monumentale Bauwerk ist ein Gesamtkunstwerk, das sich eingehend
mit der Vergänglichkeit, mit der Problematik von Tod und Leben auf dem
Hintergrund von Zeit und Ewigkeit auseinandersetzt.

Mit dieser einmaligen Friedhofskirche, spannt Max Hegele einen Bogen vom
zeitgenössischen Bau- und kunstbegriff (Jugendstil), über die alte christliche
Baukunst (Karlskirche in Wien, Petersdom in Rom, Hagia Sophia in Istanbul),
zu den Tempeln und den Grabanlagen der Pharaonen im alten Ägypten, denn
schon die alten Ägypter glaubten an ein Leben nach dem Tod.

Die Monumentalität des Kirchenbaus mitten im „Ozean des Todes“(damals
größter Friedhof Europas!) soll die Allmacht Gottes darstellen, der stärker ist als
der Tod. Diese Kirche ist die Krönung der gesamten Friedhofsanlage.

Das stilisierte ägyptische Henkelkreuz an der Außenfassade ist ein Zeichen für
die Ewigkeit.

Die Turmuhren mit dem Schriftzug TEMPUS FUGIT erinnern an die Vergäng-
lichkeit.

Der Grundriss der Kirche in Form von Kreis und Kreuz weist auf die
Ewigkeit und auf die Erlösung hin.

Drei große Eingangsstiegen:
Theologisch weisen sie auf die Wege hin, die zu Gott „empor“ führen (über die
Heilige Schrift, über die Betrachtung der Schöpfung und über die Betrachtung
von Gutem und Schönen in der Welt).
Praktisch dienen die Stufen als Bühne zur Ablage von Begräbniskränzen und der
Darstellung des Sarges des Verstorbenen mit dem ihm folgenden Trauerzug.

Der Vorraum dient der Aufstellung von Kondolenzbüchern und von Blumen-
spenden. Die Weiträumigkeit des Innenraumes ermöglicht Begräbnisfeiern mit
sehr großer Beteiligung.

Der überbreite Mittelgang zwischen den Kirchenbänken bietet Raum für die
Aufstellung des Sarges.

Der erhöhte Altarraum ermöglicht allen Anwesenden die Sicht auf die
Trauerfeier.

Vier Epitaphienräume wurden für die Anbringung von Gedenktafeln an
Verstorbene gedacht, die in den Kronländern bestattet wurden.

Der Taufbrunnen in der Sakristei weist auf den Beginn des ewigen Lebens hin.

Die Unterkirche und die Kolumbarien links und rechts der Kirche bieten Platz
für viele Grüfte.

Die Ikonographie des Kirchenraumes stellt die Heilsgeschichte Gottes mit den
Menschen (von Adam und Eva bis zum Jüngsten Gericht) dar.

Der Sternenhimmel in der Kuppel ist ein ägyptisches Sinnbild der Gegenwart
Gottes.

Die Malerei über dem Hochaltar weist auf sehr realistische und augenfällige
Weise mit nichtbiblischen Bildern auf die Botschaft der Bibel vom ewigen Leben
hin.

Das linke Bild stellt zwei Engel dar:
Der kniende Engel legt seine Hand auf eine Sanduhr (Pendant zu den
Turmuhren mit dem Schriftzug TEMPUS FUGIT).
Die Sanduhr ist ein Symbol für die Vergänglichkeit, für die zerrinnende Zeit.
Die Sense symbolisiert den Tod (der Sensenmann).
Wenn für den Menschen die Zeit abgelaufen ist, dann kommt der Tod, der
Mensch stirbt und er wird begraben (offenes Grab zwischen den Engeln.)
Was vom Menschen am längsten übrigbleibt ist der Schädel.
Der stehende Engel hält eine verlöschende Fackel in der Hand. Eine
Anlehnung an den Text das Propheten Jesaja, der über den kommenden Messias
schreibt: "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden
Docht
nicht auslöschen, bis er dem Recht zum Sieg verholfen hat"
(Jes 42,1-4
Mt 3,17) und an die Verwirklichung dessen im Matthäusevangelium (Mt 12,20).
Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass das Leben, das im Tod zu enden scheint,
bei Gott nicht ausgelöscht wird.

Das Bild in der Mitte stellt die Fortsetzung des linken Bildes dar.
Ein Mensch für den die Zeit abgelaufen ist, der gestorben ist, dessen Leichnam
begraben wurde und von dem der Schädel am längsten erhalten bleibt, kommt
als Pilger, er hat die Jakobsmuschel an seinem Hut, zu Christus.
Weil er am Ziel seiner Pilgerschaft angelangt ist, hat er seinen Pilgerstab und
seine Trinkflasche (leider verdeckt durch den Bronzebogen des
Hochaltares) auf den Stufen des Thrones Christi abgelegt. Er benötigt sie nicht
mehr, er ist am Ziel angekommen. Christus, der auf dem Thron sitzt, dessen
Lehnen mit den Buchstaben Alpha und Omega verziert sind, nimmt den Pilger
auf, und der Engel bringt ihm einen Palmzweig.
Der Palmzweig ist ein Symbol des Sieges und ein Symbol für das ewige Leben.
Doch der Blick und die ausgebreiteten Arme Christi sind nicht auf den Pilger,
sondern in den Kirchenraum, auf die Kirchenbesucher gerichtet.
Damit soll angedeutet werden, dass jeder, der zu Christus kommen will,
eingeladen ist.

Im Bild rechts („Die Stadt Wien ehrt ihre Toten“) ist die Vindobona, als die
personifizierte Stadt Wien dargestellt. Sie kniet und hält die neu erbaute
Friedhofskirche in den Händen und präsentiert sie Christus im Mittelbild.
Neben der Vindobona steht der Bürgermeister von Wien, Dr. Karl Lueger.
Im Hintergrund ist ein Engel mit gefalteten Händen, der die Augen zum
Himmel richtet, wohl mit der Bitte, Gott möge diese Kirche wohlwollend
annehmen.

Die Friedhofskirche besteht aus der eigentlichen Oberkirche, deren
Fußboden 3m über dem Niveau des Friedhofes liegt und einer Unterkirche,
die als Gruftanlage dient.

Der lateinische Schriftzug: „EGO SUM RESURECTIO ET VITA“ - Ich bin
die Auferstehung und das Leben
- über dem Hochaltar fasst die Gesamtaussage
dieser Friedhofskirche prägnant zusammen.